Freitag, 11. Juli 2025
Wir lieben das Ferienhaus und gehen es langsam an. Frühstück drinnen, dann Kaffee draußen. Die Vegetation ist, anders als in Australien, natürlich sehr ähnlich zu Europa. Aber die Vögel zwitschern anders und das ist sehr schön. Nachdem das angekündigte Gewitter in der Nacht ausgeblieben war und die Sonne recht warm ist, machen wir uns auf den Weg in den Nationalpark um die Ecke, der etwas sperrig Hautes-Gorges-de-la-Riviere-Malbaie National Park heißt.
Gut 20 Minuten Fahrt sind es bis zum großen Parkplatz und Infozentrum. Am Straßenrand werden Erdbeeren verkauft. Der Eintritt in den Park ist mit 20 Euro für die beiden Erwachsenen sehr günstig. Während der Sommermonaten ist die Straße gesperrt, alle 10 Minuten fahren amerikanische Schulbusse als Shuttle die Strecke ab und lassen Wanderer wahlweise raus oder lesen Wanderer auf. Schon vorab hatte die Reiseleitung den Weg Le Riverain, knapp 11 Kilometer, ausgeguckt und das ist es auch, was die Frankokanadierin im Infozentrum empfiehlt. Und was meint sie mit Blick auf das Wetter? Ach, kein Problem, geht schon.
Der Weg selbst führt relativ breit und entspannt durch Mischwald mit vielen Bartflechten, irgendwann geht es bergauf. Und dann fängt es ungefähr bei Kilometer drei an zu regnen. Also nicht zu nieseln, sondern zu schütten. Bei 26 Grad. Der leichte Weg wird zu einer tropischen Wanderung mit vollgesaugten Klamotten. Irgendwann sind zumindest drei von vier klitschnass, bei Kilian hält die Regenjacke am besten. Wir knabbern Müsliriegel, um die Moral einigermaßen oben zu halten. Und irgendwann hört der Regen auf, idealerweise an einem großen Aussichtspunkt.
Unterwegs haben wir schon eine Strumpfbandnatter beobachtet, jetzt sind wir unsererseits im Visier eines Vogels (dessen Namen wir noch nicht herausbekommen haben), der wirklich gerne ein paar Cracker abhätte. Wir genießen die Sicht auf den Fluss Malbaie und die Berge. Dann aber schnell weiter, bevor die nächsten Wolken kommen.
Ein Teil des Weges geht schließlich am Fluss entlang, dann wird es kurz steinig, bevor Holztreppen kommen. Dort ist es auch, wo wir etwas sehen, dass wir als Bärenkot einstufen ... Louisa und Nicole wandern fortan mit lautem Rufen und Klatschen, was Kilian unendlich peinlich berührt. Gerald kann die ganz Aufregung wiedermal nicht verstehen. Schließlich kommen wir durchaus etwas platt am Infozentrum am Staudamm an.
Der Fluss wurde noch bis in die 1980er zum Flößen genutzt, wodurch der Lachsbestand abnahm. Der Staudamm wurde einmal durch einen Holzstau demoliert. Später, als die Nutzung längst nur noch touristisch war, wurde er erneut durch die große Flut im Juli 1996 zerstört. Interessant: Im Infocenter gibt es keine Gastronomie. Aber eine Tiefkühltruhe mit Gerichten und eine Mikrowelle…
Wir steigen in den gelben amerikanischen Schulbus. Der betagte Fahrer hält derweil am Steuer ein Nickerchen. Zurück in der Ferienwohnung huschen alle unter eine heiße Dusche, denn langsam wurde es doch frisch. Und abends wird gegrillt.
Samstag, 12. Juli 2025
... Und manchmal läuft einfach wenig nach Plan. Die Nacht ist schlecht, weil irgendwie zu heiß. Der eine hat Migräne, die andere Nasenbluten - wir sind alle etwas zerknittert. Dazu kommt, dass ein Teenager nicht verinnerlicht hat, dass wir eigentlich einiges vorhaben. Wir kommen also schonmal zu spät los.
Die Fahrt nach Tadoussac ist entspannt, dauert aber über eine Stunde. Der Weg führt am St. Lorenz-Strom entlang, der längst wie ein Meer aussieht, und durch dichte Wälder mit idyllischen kleinen Seen. In Baie Sainte Catherine müssen wir mit der Fähre über den Flug/Fjord Saguenay übersetzen. Über die erstaunte Frage, wo man auf der Fähre denn bezahlt, müssen die Kanadier lachen: Nirgends, die Fahrt ist doch kostenlos.
Gegen 14.15 Uhr sind wir also endlich in Tadoussac, um 16.45 Uhr müssen wir auf dem Boot zur Waltour sein. Wir kehren in einem knallbunten, zuckersüßen Crepes-Lokal ein. Sehr französisch. Der Kellner empfiehlt die günstigere Kombination und eilt, als Gerald kein weiteres Getränkt bestellt, um eine weitere Flasche (kostenloses) kaltes Wasser zu bringen. Louisa staunt: "Warum sind die hier alle immer so nett?". Man möchte spontan auswandern.
Dann geht es Richtung Düne. Alleine, der Fahrtweg ist irgendwann wegen Überfüllung gesperrt. Wir schauen uns also vorher etwas um, sehen den Strand, viel Sand und die Paraglider. Aber zum Bohlenweg am Strand entlang kommen wir nicht, denn da müssten wir erstmal 15 Minuten laufen - dazu reicht die Zeit nicht.
Zurück im Ort stellen wir zwar fest, dass der "gesperrt, weil voll" Parkplatz doch noch ein Plätzchen für uns hat. Aber ins Meeressäugermuseum kommen wir nicht mehr, weil die Zeit zu knapp ist. Wir bummeln dafür etwas durch das sehr hübsche, sehr touristische Örtchen mit seinem beeindruckenden Hotel und der Kapelle in Bootsform. Dann geht es auf das Schiff, erstaunlich reibungslos, obwohl wir vergessen hatte, ordnungsgemäß die digitalen Tickets in gedruckter Form an der Verkaufsstelle abzuholen.
Danach schippern wir erst lange auf dem Strom, bis es in den Fjord geht. Drei Stunden lang. Wir sehen in der Ferne Delfine und relativ nahe Robben. Eine angenehme Fahrt, schöne Sicht auf die Bergwände im Fjord. Die Robben sind ja auch süß. Aber alles sauteuer, was ja okay wäre, wenn man wenigstens Wale sieht ... Die Naturexpertin plaudert zweisprachig durch, verstummt gegen Ende aber immer mehr. Denn die Belugas, Buckelwale und ihre Kumpels wollen sich gerade einfach nicht blicken lassen. Nicht einmal in der Ferne.
Die Reiseleitung erinnert sich an die Passage auf der Website, dass man noch eine weitere Fahrt bekommt, wenn man auf der ersten keine Meeressäuger sieht. Die restliche Familie ist peinlich berührt und schaut, dass sie schnell vom Boot ist, bevor Nicole zu diskutieren anfängt. Aber man bekommt tatsächlich direkt einen Voucher in die Hand gedrückt und die Anmeldung ist digital raus, noch bevor wir im Auto sitzen. Die Fahrt zurück ist allerdings auch wirklich wieder sehr lange ... Brauchen wir das wirklich nochmal, zumal es auch noch regnen soll?
Gegen 22 Uhr gibt es noch eine Runde Tortellini. Und dann hoffentlich wenigstens eine ruhige Nacht.
Sonntag, 13. Juli 2025
Was könnte man hier nicht alles unternehmen: Nach Malbaie und zu benachbarten Küstenorten. Die Waltour wiederholen. Eine Bärentour von ebenfalls 3 Stunden unternehmen. Den Nationalpark Grands Jardins ansteuern. Aber wir gehen es ruhig an: zum Frühstück die Bestände an Eiern und Speck verkleinern. Und dann zuckeln wir wieder zum Nationalpark um die Ecke.
Wir hatten sowieso schon den Weg Les Rapides geplant, 8 Kilometer am Fluss entlang. Und mehr wäre heute auch nicht drin gewesen: 28 bis 30 Grad, hohe Luftfeuchtigkeit. Die Strecke selbst mäandert gemütlich am Wasser entlang, mal schlängelt sie sich durch den Wald, mal geht sie durch hohes Gras. Aber uns läuft der Schweiß. Und wir sehen wieder einen verdächtigen Haufen frischen Kot ...
Unterwegs kreuzen wir einen großzügigen Zeltplatz. Jeder Stellplatz mit Feuerstelle und Holzbank, die Fortgeschrittenen haben spezielle Zelte mit Mückenschutz über die Bänke geworfen. Und dann sehen wir an einer Feuerholzsammelstelle ein kleines Schild: Achtung, in diesem Gebiet ist gerade ein Schwarzbär unterwegs, Nahrungsmittel bitte im Auto einschließen. Später am Toilettenhäuschen hängt noch so ein Schild plus ein weiteres mit Verhaltenstipps - aber viel mehr ist nicht. Kein Absperrband, keine großen Warnhinweise. Irgendwie scheint hier niemand davon wirklich beeindruckt. Gerald und Kilian sehen die Lage auch eher cool, selbst als der zweite verdächtige Kothaufen mitten auf dem Weg auftaucht. Louisa und Nicole unterhalten sich wieder etwas lauter ...
Am Infozentrum am Damm angelangt gibt es erstmal viele Kaltgetränke. Gerald und Kilian erklimmen noch kurz einen Aussichtspunkt, dann nehmen wir einen der Schulbusse zurück. Auf dem Rückweg werfen wir einen neugierigen Blick in ein kleines Café, das sich aber als Selbstbedienungsladen entpuppt (Natürlich funktioniert das hier ...) . Dann in eine kleine Kapelle plus selbstgebauten Heiligengedankstellen aus Badewannen an einer, nunja, heiligen Quelle. Sagt zumindest das handgemalte Schild.
Zum Abschluss entdecken wir noch ein Kleinod: Das "Chez Bergeron" am Ortsausgang, das mit "Cafe, Daunendecken und Chansons" wirbt. Eine Unterkunft mit kleiner Bühne und Café, also Kaffee, Gebäck und Softeis. Der Inhaber war schon mehrfach in Deutschland und ist von uns entsprechend begeistert. Das macht den Bundesstaat Quebec sowieso aus: Das Beste von Frankreich, ohne die Arroganz der Franzosen, dafür mit der Überschwenglichkeit der Kanadier ...
Ab 17 Uhr regnet es, auch wenn das im Wetterbericht angekündigte Ende der Welt ausbleibt. Zum Abendessen wird nochmal gegrillt, dazu gibt es den restlichen Speck und Eier und Salat und Hummus und was noch so alles im Kühlschrank wohnt. Morgen ziehen wir weiter, auch wenn wir dieses Haus nur wirklich schweren Herzens verlassen.
Montag, 14. Juli 2025
Reisetag, knapp 500 Kilometer liegen vor uns. Dazu müssen wir den Strom kreuzen und den Bundesstaat wechseln. Wir sind um 10.30 Uhr aus dem Ferienhaus und unterwegs zur Fähre. Da noch etwas Zeit bleibt, gibt es einen kleinen Stop am Meer, bei Port-au-Persil. Dort lassen wir uns am Meer, äh Fluss, den Wind um die Nase wehen und verbringen etwas Zeit am kleinen Felsstrand samt Kapelle. Über dem Wasser liegt eine dicke Wolkendecke und wir sind froh, nicht auf dem Walboot zu sein. Dann geht es zur Fähre in Saint-Simeon.
Die Fähre kann man nicht buchen, man soll einfach vorher da sein. Lange Autoschlangen bilden sich. Und um 13 Uhr, der Abfahrtszeit, ist noch keine Fähre in Sicht. Irgendwann kommt sie und es dauert sehr sehr lange, bis die Fahrzeuge endlich das Schiff verlassen haben. Wir kommen mit deutschen Rentnern ins Gespräch, die mit ihrem eigenen Wohnmobil sechs Monate auf unserer Route unterwegs sind.
Kurz vor 14 Uhr sind wir endlich auf dem Schiff und sind von der Bordküche optisch begeistert: Der Tisch schlängelt sich durch den Raum, die Angestellten kommen quasi in die Buchten. Sehr nordamerikanisch, sehr cool. Die Fahrt selbst ist unspektakulär, das Wasser ist ruhig. Nur Wale oder Delfine wollen sich keine blicken lassen, nicht mal eine Robbe, so sehnsüchtig wir auch auf den St. Lorenz starren.
Mit einer Stunde Verspätung kommen wir am anderen Ufer an. Eigentlich wollten wir noch etwas am Fluss entlang fahren, doch das Auto-Navi leitet uns auf die Route, die wir meiden wollten - weil langweilig lange durch den Wald. Aber es ist besser so, denn diese Strecke ist kürzer. Und wir sind nicht nur später dran, als geplant: An der Grenze zum Bundesstaat New Brunswick wechselt die Zeitzone und uns wird noch eine Stunde geklaut.
Kurzer Halt im Grenzörtchen Edmunston, um zusammen mit anderen Touristen einen betroffenen Blick Richtung US-Grenze zu werfen. Dann steuern wir Bathurst an. Das Navi verspricht eine Ankunft gegen 21.30 Uhr ... Fahrer Gerald beschließt im Ort Saint-Quentin noch eine Pizzeria zu besuchen, bevor wir knapp 2 Stunden durch das Nichts fahren. Saint-Quentin mit seinen etwas 2200 Einwohnern ist übrigens ein munteres Örtchen im Nirgendwo, an dem sich vermutlich gut leben lässt. Bei Pizza Delight gibt es neben einer Pizza auch leckeren Salat und Nudeln - und die komplett übermüdete Bedienung trägt Nicole sogar noch die Tasche hinterher, die sie vergessen hat.
Dann geht es 145 Kilometer durch ein Waldgebiet. Keine Parkbuchten, keine Nothaltesäulen, gelegentlich kann man vereinzelt Häuser im Wald erahnen. Und dann kreuzt erst der erste große Elch majestätisch die Straße, etwas 200 Meter vor uns. Später steht ein junger Elch neben dem Straßenrand, bevor er auf die andere Seite eilt. Dann kommt ein paar Kilometer weiter noch ein Reh, dazu geht die Sonne flammend hinter den Bäumen unter.
Um 22.15 Uhr sind wir im Best Western. Die längste Fahrt der Reise ist geschafft.
Dienstag, 15. Juli 2025 (geschrieben am 16. Juli)
Die Betten im Best Western sind bequem, auf dem Flur gäbe es Automaten für Getränke und Snacks, sogar Waschmaschine und Trockner stehen bereit. Für den Pool bleibt leider keine Zeit. Das Frühstück ist inklusive. Attraktion ist ein Waffelautomat, in den man ein Becherchen Teig kippt und bald eine sehr dicke Waffel mit den Buchstaben BW, also dem Hotellogo, bekommt. Dazu Ahornsirup satt.
Noch ein kurzer Blick auf den herausgeputzten Teil am Wasser samt kleinem Türmchen. Alles sehr entspannt hier. Parallel läuft ein großer Feuerwehr- und Polizeieinsatz für einen sehr unspektakulären Auffahrunfall. Und dann ziehen wir wieder los.
Erster Stopp an der Küste entlang ist in Pokeshaw: Dort gibt es am Strand einen Vogelfelsen, den man von einer kleinen Aussichtsplattform aus beobachten kann. Kleine Spende an die, vermutlich irischstämmige, Famiie bei der Einfahrt. Ein kleines Idyll mit Picknickbänken, Toilette, altem Handelshäuschen, Stele für gefallene Iren und einer Holzbühne, auf der man sich unter einem irischen Kleeblatt fotografieren kann. An den Strand könnte man auch. Aber die Attraktion sind die zahllosen Vögel, die den Felsen bewohnen, darunter die Trottellumme, Kormorane und andere, von denen wir noch nie gehört haben.
Ein paar Kilometer weiter sind wir am Ziel - nicht ahnend, dass das schon das Tagesziel sein wird und alle anderen Stopps entfallen. Das Historische Akadische Dorf ist ein Freiluftmuseum, das sich dem Leben der Französischen Einwanderer widmet, die dann unter der Knute der britischen Einwanderer standen und schließlich vertrieben wurden, in anderen Teilen der Ostküste ihr Glück suchen mussten. Deshalb ist man hier wohl auch so stolz auf das französische Erbe. Das "Je me souviens" auf den Autokennzeichen heißt, so der Reiseführer, "ich erinnere mich" und bezieht sich darauf, dass man das alles den Briten noch etwas nachträgt.
Im Museumsdorf wurden - größtenteils - Originalhäuser aus Ostkanada zusammengetragen, grob sortiert nach Zeitraum. Also erst ab 1840, dann um 1900, schließlich in den 1930ern. Das Besondere: Es gibt keine Tafeln oder Infoblätter, sondern in jedem Haus lebende Darsteller in zeitgemäßer Kleidung, die auf Englisch und Französisch von den Menschen erzählen, die einmal das Haus bewohnt haben. Zu Mittag kochen sie sich das Essen aus dieser Zeit. Superspannend und braucht viel Zeit. Dazu hat es knapp 30 Grad, die Sonne brennt.
Ganz knapp zusammengefasst: Zunächst arme Bauern, die im Erdgeschoss einen Raum hatten, später zwei. Meist zwischen 7 und 10 Kinder, die auf Strohmatten auf dem Boden schliefen. Die Großeltern bekamen stets das richtige Bett. Im Dachboden wurde Getreide gelagert. Oft wurde erst ein Raum gebaut, dann der zweite angebaut. Über der Tür hing immer ein Gewehr, für Bären, Elche und vermutlich die Briten. Langsam gab es Holzböden, keinen offenen Kamin mehr, sondern gußeiserne Öfen für Wärme und zum Kochen. Ein Schotttisch-stämmiger Richter schließlich verlegte die Schlafräume in die erste Etage, wie er aus der Heimat gewohnt war.
Man kann Schindelmacher, Schmiede, Fassmacher und viele mehr bei der Arbeit beobachten. Natürlich gibt es auch eine Wochenzeitung, wobei schon damals Geld durch das Drucken von anderen Aufträgen herein kam. Als spätes Mittagessen gibt es Akadische Speisen, Gemüsesuppe und Hühnerfrikasse, dazu frisch gezapftes Bier (und natürlich, wie immer, kostenloses kaltes Wasser).
Schon etwas erschöpft gelangen wir zum Schulgebäude. Dort flötet die "Lehrerin": So, und jetzt ist ungefähr Halbzeit, aber Sie haben ja noch einen zweiten Tag Zeit. Da erst fällt uns auf, wie das grüne Armbändchen mit dem "gültig für zwei Tage" gemeint war: Das Museum ist so groß, dass man sich tatsächlich zwei Tage Zeit lassen sollte ... Auch die Vermieterin hatte beim Verweis darauf, was alles geplant ist, nur angemerkt "ich mache für euch die Lichter an." Drei Augenpaare blicken die Reiseleitung kritisch an. Aber man konnte ja wirklich nicht ahnen, dass das Museum so groß ist, dass der Zwischenstopp danach beim Nationalpark Kouchibouguac auf der Hälfte der Strecke entfällt und wir dann wieder drei Stunden bis zur Unterkunft haben ... Auch der geplante Badestopp an der Düne von Bouctouche muss leider entfallen. Stattdessen sind wir bis 17 Uhr bei den historischen Gebäuden und taumeln schließlich fast vom Gelände.
Dann geht die lange Fahrt weiter gen Süden, einziger Stopp ist schließlich im Supermarkt. Gegen 22 Uhr rollen wir auf den Hof des großen Bauernhofs, gegen 22.45 Uhr gibt es Abendessen. Alle Sorgen angesichts der nahenden Hitzewelle in einer Unterkunft ohne Klimanlage sind verflogen: Das alte Bauernhaus lässt sich so gut lüften, dass es kein Problem werden dürfen. Selbst am Dienstagabend war es schön kühl, weil die Vermieter die Rollos heruntergelassen hatte.
Mittwoch, 16. Juli 2025
Vermieterin Margot führt uns über den Hof, der sich seit Generationen in Besitz ihrer Familie befindet. Wir wohnen im umgebauten Bauernhaus, in dem ein der Urgroßvater zur Welt gekommen war. Heute geht es um Getreide, Mais und Milchkühe, Margot hat auch nicht zu viel Zeit, weil sie beim Heu helfen muss. In ihrer Biografie gibt es Brüche, wohl bedingt durch eine Erkrankung. So hält sie eine kleine Alpaka-Herde, bietet aber keine Führungen an. Es gibt seit 13 Jahren zwei Pferde, aber Reiten hat sie dann nie gelernt. In ihrem Haus bietet sie Retreats an oder lädt einen Koch ein, der Gruppen bewirtet. Und es gibt natürlich viele Tipps für Ausflüge in die Umgebung.
Gegen 14 Uhr trudeln wir beim großen Lobster in Sherdiac ein. 33 Grad, die Sonne sticht. Wir beobachten Touristen, die für Fotos posieren. Fotografieren eine Deutsche, die seit über 20 Jahren in Kanada lebt, samt Mann und Enkelkind. Und lassen uns fotografieren. Dann geht es schnell wieder in das gekühlte Auto, inzwischen Mausi getauft (weil mausgrau).
Wir steuern für ein spätes Mittagessen den Point du Cheney an, eine schmale Landzunge ins Meer. Kleiner Eintritt, der den Erhalt der Hafengebäude sichern soll. In the Sandbar bekommt Nicole ihren Lobster, Kilian Fish&Chips, Gerald und Louisa einen satten Burger. Leider ist es schlicht zu heiß, um danach noch lange zu flanieren. Aber rund um den Leuchtturm springen die jüngeren Einheimischen ins Wasser, die Senioren sitzen mit mitgebrachtem Sonnenschirm mit Blick aufs Meer, Angler packen ihre Angel aus.
Die Reiseleitung besteht noch auf einen Abstecher zum Strand. Erst Meuterei im Auto, dann gefällt es natürlich doch wieder allen. Denn wärmer als in Parlee Beach bekommt man das Meer in Kanada nicht. Da es extrem flach hinein geht, stehen die meisten gemütlich - und der Strand ist sehr voll. Das Wasser kühlt angenehm ab, täuscht aber auch gefährlich darüber hinweg, dass die Sonne noch immer brennt. Wir finden tote und lebendige Krebse und gehen gerade rechtzeitig, bevor wir selbst hummerfarben aussehen ...
Louisa und Nicole drehen noch eine lange Runde um den Hof mit Abstecher zu den Pferden und den Alpakas. Rund um das Ferienhaus ist es deutlich kühler, als noch unten am Meer. Danach wird gegrillt.
Donnerstag, 17. Juli 2025
Entfernungen darf man in Kanada nicht unterschätzen, es gibt andere Tempolimits als in Deutschland und über viele Flüsse führen schlicht keine Brücken. Daher brauchen wir für die 60 Kilometer zum Park der Hopewell Rocks über eine Stunde. Dabei gibt es einen engen Zeitplan: Die Felsformationen sind nur während der Ebbe aus der Nähe zu besichtigen, diese ist um 11.55 Uhr.
In der Bay of Fundy gibt es manchmal 16 Meter Tidenhub, entsprechend beeindruckend sind die 12 bis 21 Meter hohen Felsen. Damit man Ebbe und Flut erleben kann, gilt das Ticket wieder zwei Tage - aber wir schaffen das natürlich an einem Tag und nicht nur das ... Vom Parkplatz aus geht ein schöner Waldweg zu einer Stahltreppe, die bei Ebbe eben auf den Meeresboden führt. Parkranger achten streng darauf, dass sich alle an die Spielregeln halten und dass alle wieder rechtzeitig das Gebiet verlassen.
Aber wir sind erstmal mit vielen anderen unterwegs. Es gibt einzelne Beschwerden über Matsch an den neuen Turnschuhen, aber eigentlich ist der Boden gut begehbar. Meist fester Grund, nicht wie im Wattenmeer. Inzwischen ist es wieder knapp unter 30 Grad, die Luft ist feucht und man kann zwischen den Felsen durchaus Strecke machen. Bei irgendeiner Familie steht man immer im Bild, es gibt an jeder Ecke etwas neues zu sehen, macht Spaß. Nach knapp zwei Stunden verlassen wir das Gebiet wieder und machen uns auf Richtung Fundy Nationalpark.
Dieser ist nochmal knapp 40 Minuten Fahrt entfernt. Das übliche Bild aus schmucken Häuschen, Friedhöfen ohne Mauer oder Grenzzaun, es gibt sogar eine Vogelscheuche namens Trump (die abends auf der Rückfahrt ohne Kopf da steht). Im Örtchen Alma stehen viele Fischerboote im Hafen und ein Fischrestaurant reiht sich an das andere. Wir entscheiden uns spontan für den Imbiss, den auch die Bauarbeiter und andere Einheimische ansteuern. Muscheln, Burger und natürlich wieder zu viele Pommes, insgesamt sehr lecker.
Danach lassen wir uns im Besucherzentrum des Fundy-Parks kurz beraten: Welche kurzen Wege könnten wir ansteuern? Die knapp 3 Kilometer durch die "Karibu Ebene", inzwischen ein schöner Mischwald mit See in der Mitte, der aber gefährlich wie Treibsand sein soll, es mussten schon Elche gerettet werden. Danach steuern wir noch die Dickson Falls an, die gelegentlich ziemlich überlaufen sein müssen. Lauschiger Wald, dunkles Moos, mit vielen Treppen, aber ganz ehrlich: In diesem heißen Sommer ist der Wasserfall eher ein Rinnsal.
Auf dem Weg zurück zu den Hopewell Rocks bewundern wir kurz, wie die Wolken aufs Meer fallen. Danach steuern wir bei schönstem Abendlicht im inzwischen recht leeren Park noch einmal die Aussichtspunkte an. Jetzt ragen nur noch die Spitzen der Felsen aus dem Wasser, Kajakfahrer sind unterwegs. Und wir haben nach zehn Stunden, zwei Parks und 15 Kilometern langsam genug. Zum Abendessen gibt es Reste aus dem Kühlschrank.