Schon um 8.40 Uhr sind wir unterwegs, es soll knapp 700 Kilometer gen Süden gehen. Aber es dauert, bis wir Brisbane hinter uns gelassen haben. Im Radio dudelt ein deutscher Sender, gerade moderiert ein Holger und legt all' das auf, was er wohl damals mitgebracht hat, als er hier gestrandet war - darunter Frühwerke der Toten Hosen und Nena. Als wir kurz darauf in Kirra Beach zum ersten Kaffeestopp (und Frühstücksstopp für ein Familiemitglied) halten, weht uns das Kontrastprogramm fast um. Eben noch hatte Holger am Rande der Depression die nächste Scheibe angekündigt, schon steht eine australische Café-Wirtin vor uns. Wo kommt ihr denn her? Aus Deutschland? DEUTSCHLAND? Ja Wahnsinn. Team, kommt mal her, wir haben Gäste aus Deutschland! und wie lange und woher und warum und .... sie war doch erst in der Nähe von Adelaide in diesem deutschen Tal und da gab es Sauerkraut und ... wow. Auch nach drei Wochen fragen wir uns manchmal, ob nicht vielleicht doch was im australischen Trinkwasser ist ...
Nach einem sagenhaften Frühstück verlieren wir uns noch einen Moment am Sandstrand. In der Ferne schimmert die Silhouette von Gold Coast, lauter Hochhäuser. In dem Ort urlauben jährlich an die 10 Millionen Menschen, die Autobahn war von Freitzeitsparks gesäumt. Uns langt der Anblick übers Meer hinweg.
Nächste Pause: Nambucca Heads. Keine Massen. Dafür viel Meer, viel Welle, etwas See, eine lange Mole mit vielen verzierten Steinen. Wenn danach der Weg nicht zu weit wäre, könnten wir direkt schonmal hier bleiben. Australische Ostküste, wie sie schöner kaum sein kann. Nur das Schwimmen ist mal wieder verboten, diesmal sind es die Strömungen.
Der Sonnenuntergang ist farbenrpächtig, aber um 17.20 Uhr wie immer ziemlich früh. Bald danach wird es stockdunkel, als wir im Ferienhäuschen in Forster bei den Great Lakes ankommen, ist es zappenduster und kühl. Noch kurz zum Italiener, der natürlich nicht an den von Hervey Beach heranreicht - und ab ins Bett.
Nachdem wir am Freitag erst im Dunkeln angekommen waren, wird am Samstagmorgen erstmal der kleine Holiday Park gesichtet, in dem wir kurzfristig für 135 Euro die Nacht unseren 3-Schlafzimmer-Bungalow gebucht haben. Allerliebst. Eine wirklich kleine Anlage, mit Spielplatz, Pool, Trampolin, Tennisplatz (samt Schlägern und Bällen), BBQ, die liebevoll von zwei Herren gepflegt und verwaltet wird.
Zwar würde es einen schönen langen Weg am Meer entlang geben - aber wir sind doch wegen der Seen hier! Also zuckeln wir erstmal zum Captain Hawke Lookout, zu dem es vom Parkplatz erstmal 20 Minuten bergauf geht. Dann nochmal auf einen kleinen Aussichtsturm und wir bekommen einen ersten Überblick, auch wenn wir vor allem Baumwipfel sehen. Das Meer rauscht laut im Hintergrund, James Cook selbst hatte dem Kap im Jahr 1770 den Namen gegeben.
Wir zuckeln am Booti Booti Nationalpark entlang, halten am 7-Mile-Beach und verweilen. Schwimmen wäre natürlich wieder nicht, diesmal wegen Strömung. Aber der Sand quietscht unter den Sandalen, im Sand selbst verbergen sich Muscheln, es gibt viel zu entdecken und die Temperatur ist gerade angenehm. Auch wenn wir auf der anderen Straßenseite schon die ganze Zeit einen See haben, sehen wir wegen der Bäume nichts davon. Aber wir steuern das Frothy Coffee an, am Smith Lake. Und da läuft auf einmal nichts mehr nach Plan...
... denn ursprünglich sollte es hier Kaffee geben. Kaffee. Aber mit einem Teenager nahe dem Hungertod an der Seite entgleist die Bestellung irgendwie. Am Ende stehen drei dicke Burger samt Pommes, Tintenfisch mit Pommes und eine Extraportion Pommes auf dem Tisch - die junge Dame an der Kasse hatte unsere Bestellung nicht nur zwischenzeitlich komplett vergessen gehabt, sondern auch überhört, dass die großen Pommes die anderen ersetzen sollten. Nunja. In einem Behälter nehmen wir die Restpommes mit, der Mietwagen riecht den restlichen Tag wie eine Frittenbude.
Mehr als gesättigt beobachten wir noch eine Weile einen Angler, der Jesus-gleich über das Wasser zu laufen scheint. Einen Lachenden Hans, der so garnicht scheu ist. Und den schönen See. Dann geht es zurück, mit einem Stopp an der Green Cathedral am Wallis Lake. Die Andachtsstätte ist inmitten einen Palmenwaldes gelegt und hat wirklich eine wunderbare Atmosphäre. Auf dem Rückweg fahren wir einmal über die Brücke nach Tuncurry. Dort haben wir viel Spaß bei der Beobachtung eines kleinen Schwarms Pelikane, die bei einem Fischer auf der Lauer liegen. Danach trudeln wir wieder in unserem Häuschen ein. Louisa und Nicole stürmen den Pool (Solarbeheizt, 29 Grad!).
Gegen 16.30 wird die Reiseleitung ungemütlich: Die Sonne geht bald unter und der Vermieter hatte doch gesagt, dass abends die Delfine in die Bucht schwimmen ... Also schauen wir erst zum Strand, dann zur Bucht. Kleine Jungs heizen mit ihren Rädern am Wasser entlang, das Fahrrad eines Vaters fällt eine Mauer herunter und wird wieder hochgeholt und irgendwo steht wieder ein aufstrebender Künster herum und streamt sich gerade vor attraktiver Kulisse, auch wenn seiner Gitarre wirklich niemand zuhört. Wir beobachten wieder Pelikane, hören den ohrenbetäubenden Lärm von Vögeln auf der Suche nach dem Schlafplatz - aber Delfine sehen wir keine. Sonnenuntergang fällt wegen der Wolken auch aus.
Zum Abendessen zeigt sich, dass das Mittagessen wirklich mächtig war. Die Eltern halten sich an Toast und Salat. Louisa bastelt sich einen Joghurt mit Obst. Und sogar Kilian löffelt nur Joghurt. Falls jemand ein Kilo Pommes braucht: Wir hätten da welche.
Noch ein paar Bilder vom Tag
Als wir aufwachen, prasselt der Regen. Gegen 8.20 Uhr stehen wir mit beladenem Fahrzeug schon vor einem Einkaufszentrum, Kaffee und Gebäck für die Fahrt erstehen. Lecker Frühstück: Einzelne essen drei Hotdogs mit Käse überbacken. Aber es gibt auch noch Blaubeerteilchen und Schokocroissant. Dann ziehen wir los, knapp 700 Kilometer liegen vor uns. Und dass der Fahrer krachende Kopfschmerzen hat, ist deshalb nicht gut. Denn die Reiseleitung wagt es weiter nicht, im Linksverkehr mit einem Automatikwagen, der noch dazu eine eigenwillige Technik hat (Fahrspurassistent zerrt gerne am Lenkrad), zu fahren.
Irgendwann sind wir dennoch vor Sydney, es geht durch einen 9 Kilometer langen Tunnel und es bleibt die spannende Frage, ob und wie die Maut bei uns abgerechnet wird. Wir setzen darauf, dass das der Mietwagenanbieter schon einkalkuliert hat. Gegen 14.30 Uhr sind wir am Lookout auf dem Mount Keira südlich Sydney, wunderbarer Blick über Wollongong und erstmal über eine Stunde Pause. Der Kiosk versorgt mit bewährt leichter Kost, aber extra Pommes gibt es so schnell nicht mehr.
Gegen 17.45 Uhr nähern wir uns dem eigentlichen Ziel unserer Reise: Wir kommen bei Linda und John im Haus in Lilli Pilli / Malua Bay an. Gerade ist auch noch Johns Schwester Eleanor (82) zu Besuch. Draußen wird es bei 11 Grad langsam frisch, drinnen brummt die Heizung und ein warmes Abendessen und ein verplauderter Abend warten auf uns.
Nach den durchgetakteten Wochen tut die Ruhe bei Linda und John gut. Es gibt viel Tee, viele Gespräche (Nicole quatscht sich bei Eleanor fest) und gemütliche Ausflüge in die Umgebung. Am Vormittag zu siebt ein paar Buchten weiter gen Süden, zunächst zum Burrawara Point. Die Vegatation mutet süditalienisch an, allein die Vögel klingen komplett anders - und die Bäume, allen voran Old Man Banksia, sehen anders aus.
Wir stehen sehr lange am Aussichtspunkt und blicken über das Meer. Als wir die große Robbenfamilie auf einem Felsen entdecken, stehen wir noch eine Weile länger. Danach führt der Weg zu einem kleinen Leuchtturm, Gerald und Louisa testen wie immer aus, wie weit man an der Klippe noch gehen kann. Schließlich entdecken wir auf dem Meer ein paar Wale ... und so vergeht die Zeit.
Auf dem Rückweg ein kleiner Abstecher zum Weiler Rosedale, in dem 10 Prozent der Häuser abgebrannt waren. Viel Neubau in bester Lage, an einigen Stellen sind noch verkohlte Stämme zu sehen. In diesem Gebiet hatte auch die Schauspielerin Nicole Kidmann bis vor ein paar Jahren noch Land.
Leichter Lunch, dann zieht es die Reisegruppe (vor allem Nicole und Gerald) nochmal nach draußen. Denn dass um 17.17 Uhr schon die Sonne untergeht, versetzt uns immernoch in einen ziemlichen Jetlag. In Singapur war es immerhin noch 19.20, gen Süden werden die Tage aber immer kürzer. Gemeinsam mit Linda bummeln wir am Meer im - um diese Jahreszeit sehr verschlafenen - Batemans Bay herum. Der Teenager bekommt noch etwas heiß und fettig in Form von Fish & Chips, Nicole versucht Calamares und beides schmeckt sagenhaft gut.
Abends schauen wir gemeinsam mit Linda und John das Spiel der australischen Frauennationalmannschaft bei der WM. Achtelfinale gegen Dänemark. Und wir jubeln laut, als die Matildas ins Viertelfinale einziehen.
Am Vormittag viel Tee, viele Gespräche, Wäschewaschen. Im Garten Banane, Avocado und Papaya bestaunen, letzteres ist aus dem Kompost gewachsen. Die Bienen summen schon und auch wenn es morgens mit 10 Grad ziemlich frisch ist, wird es tagsüber sehr angenehm. Gerald geht erst alleine bei Ebbe und später noch einmal mit Louisa an den Strand. Dann wird Eleanor verabschiedet und wir machen uns zu sechs im Isuzu auf
Nach einem kleinen Einkauf bei Aldi (und vorher in der Apotheke, Kilian hat heftig Allergie gegen-was-auch-immer) geht es nur wenige Kilometer von Batemans Bay entfernt zu Maloneys Beach. Dort grillen wir auf einem öfffentlichen BBQ Würstchen, ein paar Meter weiter grast eine Schar Kängurus, im Baum sitzt tatsächlich ein Lachender Hans und kichert. Wunderschön.
Danach gehen wir noch eine Runde auf dem Küstenweg. Erst 130 Stufen hinauf, dann duch einen Eukalyptuswald mit Palmen und Farn, zu einer kleinen Bucht und zurück. Zuhause dann noch ein kleines Abendessen und Rummiklub mit Linda.
Um 10 Uhr sind wir unterwegs zum Birdland Animal Park. Der kleine Zoo mit australischen Tieren liegt direkt an der Straße nach Batemans Bay. Wir waren schon 2014 und 2018 dort und wollen vor allem Koala Björn besuchen, den wir schon zweimal geknuddelt haben (gegen Geld). Allein: Björn ist inzwischen in den Koalahimmel umgezogen, er war schon bei unserem letzten Besuch recht betagt, das erfahren wir an der Kasse. Aber wir gehen natürlich trotzdem rein.
Einen neuen Koala gibt es nicht mehr: Nach den großen Buschfeueren 2019/2020 wurden die knuffigen Tiere auf "bedroht" gesetzt. Deshalb darf nicht jeder kleine Zoo mehr Koalas halten. Außerdem sind die Bäume, deren Eukalyptusblätter sie am liebsten knabbern, schlicht nicht mehr da. Andere Eukalyptusarten sind stattdessen nachgewachsen, also wäre auch die Ernährung schwierig.
Abgesehen von einem anderen Ehepaar sind wir fünf die einzigen Gäste. Klar, es ist unter der Woche, keine Ferien, Winter. Aber die Anlage könnte auch sehr dringend etwas Pflege gebrauchen. Das kleine Bähnchen fährt nicht mehr, die Gleise sind überwuchert. Und auch an anderer Stelle macht sich leichter Verfall bemerkbar.
Dabei ist das Gelände selbst wunderschön und weitläufig. Louisa füttert und knuddelt eine Schwar Kängurus, die ganz schön aufdringlich werden können, wenn sie Futter gewittert haben. An die 15 Pfauen kreuzen unseren Weg, wir verbringen viel Zeit bei den diversen Vögeln. Der Emu lässt seinen tiefen Bumm-Ton erklingen, die Strauße ziehen ihre Bahnen, Alpakas schauen lieb und die beiden Schnabeltiere wuseln herum.
Um 11.30 Uhr ist die Vorführung - alleine für uns. Wombatwaisenkinder zum auf den Arm nehmen gibt es diesmal keine. Ein Mädchen wird gerade ausgewildert, die Dame, die noch da ist, ist mit 5 schon zu alt und schlecht gelaunt. Aber wir bekommen eine Exklusivshow mit Python Kaa. 6 Jahre alt, im Winter etwas langsamer und auf Diät, noch lange nicht ausgewachsen. Zwischendurch muss die blonde Chefin - die sehr verzückt ist, dass wir schon zweimal da waren - ausrücken: Zwei Reptilien, Water dragons, sind ausgebüxt. Einer wurde schon wieder eingefangen, ein anderer wurde gesichtet. Die Gärtnerin (!) übernimmt kurz.
Wir halten Kaa erst vor uns, später legen wir sie uns um die Schulter. Die Python taut in jedem Sinne auf, umschlingt uns (aber wir sind ja keine Maus) und beäugt uns neugierig. Eine sehr spannende Erfahrung, auch Kilian ist absolut fasziniert und dabei.
Am frühen Nachmittag sind wir zurück, es gibt Sandwiches und Zitronenkuchen auf der Terrasse. Es ist ein sonniger Wintertag, fühlt sich an wie ein deutscher Herbsttag. Kleiner Plausch mit dem neuen Nachbarn, ein bekannter Ornithologe. Bei ihm kommt am Donnerstag ein Fernsehteam an den ersten Wohnort Canberra, um ihn zu den derzeit, weil Brutzeit, aggressiven Magpies zu befragen. Die Vögel bieten immer guten Nachrichtenstoff ...
Gegen 15.30 laufen wir zum Hausstrand Lilli Pilli Beach. Kilian, Louisa und Nicole albern im kühlen Pazifik (bis zu den Oberschenkeln). Als es doch kühler wird, nehmen Linda und John den flacheren Weg nach Hause. Wir spazieren über den Clittopwalk und genießen den Abendhimmel.
Am Abend verplaudern wir uns bis 23 Uhr bei Bildern aus der Antarktis. John war zwischen 1990 und 2003 insgesamt sieben Mal dort, zusammengefasst mindestens eineinhalb Jahre. Einmal war er statt drei Tage ganze sechs Wochen gestrandet, weil die Helikopter nicht mehr fliegen durfen. Zum Glück gemeinsam mit einem Survival-Training-Experten ....
Noch ein paar Bilder.
Ein sonniger Wintertag. Da gerade Ebbe ist, startet die kleine Reisegruppe zu einem Spaziergang von einer Bucht zur anderen. Wir könnten Stunden verweilen: Felsstrukturen, Muscheln, kleine Krebse, sogar ganz kleine grüne Seesterne, die wie fünfeckige Kissen aussehen - herrlich. Als wir nach knapp eineinhalb Stunden zurück kommen, gibt es schon Tee und Sandwiches bei Linda und John.
Später machen wir uns auf den Weg zum größten Eukalyptusbaum der Welt, der zirka 40 Kilometer entfernt von Lilli Pilli im Wald wachsen soll. Allerdings ohne große Beschilderung, ohne Parkplatz. Vermutlich, um Touristenmassen und die Entstehung eines Insta-Spots zu vermeiden. Endsprechend dauert es auch eine Weile, bis die drei Männer mit Handy, davon zwei Vermesser, den Weg zum Baum finden ... Wir irren eine Weile im Wald umher, als dann tatäschlich ein kleiner Weg hineinführt. Auf einmal wachsen Palmen und zwischen den plötzlich recht großen Bäumen steht ein ganz großer. Wir bleiben lange, staunen, lauschen dem Wind in der Baumkrone und machen natürlich viele Fotos.
Witziger Moment am Rande: Als wir für den Weg in den Wald drehen kommen wir an einer großen Werbetafel für den "Forest" vorbei. Eine junge Frau hat in pink "stop logging" darunter gesprayt .. und wird von zwei Polizisten, die entspannt in ihrem Auto sitzen, beobachtet ... die Meinungen darüber, ob sie gerade frisch gesprayt hat oder es abputzen sollte, gehen in unserem Wagen auseinander.
Danach gibt es noch einen kleinen Abstecher an einen Strand, den wir schon von den beiden anderen Besuchen kennen: South Darras. Es gibt eine idyllisch gelegene Feriensiedlung am Meer mit sehr vielen Kängurus, bei Ebbe kann man faszinierende Gesteinsformationen bestaunen. Diesmal ist Flut und kurz Niesel. Einer australische Familie büxt ein Board aus - auf einmal schreit die Mutter laut auf: Sie wäre fast auf einen Stachelrochen getreten, der sehr nahe am Strand unterwegs war.
Noch ein gemütlicher Abend mit BBQ, Rommeking und vielen Gesprächen.