Wir erwachen zu den Klängen von George Michael und Julio Iglesias. Offensichtlich die Morgenmusik des Platzwartes, der gerade mit einer Tasse Kaffee zur Rezeption geht und nebenbei noch riesengroße Teddybären als Dekoration aufstellt. Am Kiosk bekommen wir Gebäck, zahlen müssen wir erst später. Was uns in Fjällbacka überrascht: Das Parken im absoluten Touristenort ist - kostenlos. Je nach Parkplatz muss man nur für 2, 3 oder 4 Stunden eine Parkuhr ins Auto legen.
Im Hafen essen wir auf einer Bank unsere mitgebrachten Muffins und beobachten den Trubel. Es fällt auf: Es gibt wieder bezahlbares Essen - und was für ein vielfältiges, leckeres, bezahlbares Angebot! (In dieser Hinsicht ist Norwegen wirklich Wüste. Soviel Grillbratwurst war selten).
Durch die steinige und steile Schlucht Kungsklyftan gehen wir auf den Vetteberget, der hinter der Stadt aufragt. Der steile, steinige Weg führt spektakuläre auf den Vetteberget, der hinter Fjällbacka aufragt.
Besonders spannend sind die in der Feslsspalte feststeckenden Felsbrocken, unter denen wir durch wandern. Das könnt fast in den Grampians in Australien sein, allerdings ist in Schweden deutlich mehr (Fußgänger)Verkehr … Die Sicht über die Bucht uind den Schärengarten ist auch bei grauem Himmel grandios. Wir beschließen, eine Bootstour zu unternehmen.
Nach einer kleinen Bäckerei-
Einkehr warten wir auf unser Boot, das um 15 uhr starten soll. Im letzten Moment stellen wir fest, dass wir auf das falsche Schiff warten - hups, die Mora ist ja garnicht das knallgelbe Touriboot, sondern der weiße Kutter, der schon längst wartet.
Eineinhalb Stunden dauert die Fahrt durch den Schärengarten. Am Steuer steht ein Fischer, der längst mit Touris mehr verdient, als mit seiner eigentlichn Arbeit (der er aber auch noch nachgeht). Extra langsam tuckern wir an der Insel vorbei, auf der die große Ingrid Bergmann lebte (die viel Zelt in Fjällbacka verbrachte) - ein Fahrgast ist offensichtlich allein deshalb da. Denn die restliche Fahrt scheint ihn nicht so sehr zu interessieren.
Wir stehen dafür an der Reeling - so karg, so schön. Der natürliche Hafen, in dem in der Hauptsaison an die 400 Boote ankern, Die direkte Linie nach Norwegen, in der manchmal Segelboote im Stau stehen. Die Muschelzucht usw usw. In Fjällbacka leben sonst 900 Menschen, in der Saison sind hier über 10.000. In der nächsten Woche wird es hier erst richtig voll, sagt er. Die Robben kommen übrigens erst wieder, wenn die Touristen gehen - zu viel Stress.
Der kleine Fischladen um die Ecke bietet nur wenige Essen an und das nur bis 16 Uhr.
Aber wir bekommen auch um 16.30 Uhr noch Muscheln, Fischburge, Bier und Wein.
Danach noch ein kleiner Abstecher nach Grebbestad (Eis im Hafen) und zu kostenlos zugänglichen Felszeichnungen, als Vorgeschmack auf Montag. Denn wir wohnen nur ein paar Meter vom Weltkulturerbemuseum entfernt.
(Dieser Text wird mit einer Hawaikette um den Hals geschrieben. Als wir zurück auf den Zeltplatz kamen, tänzelte unser Vermieter gerade mit Strohhut und Blumenkette in die Toiletten, um das Klopapier aufzufrischen. An der Rezeption erfährt Nicole den Grund für das Outfit: Er hat Geburtstag, zeitgleich mit Prinzessin Victoria, deren Bild die Theke ziert. Gefeiert wird aber erst morgen, erklärt er und überreicht Nicole eine Blumenkette. Irgendwie erinnert er an Robin Williams in König der Fischer, einen sehr schrägen, tragischen Helden)
Wir erwachen zum vertrauten Geräusch des Nieselregens und finden es inzwischen kein bisschen mehr romantisch. Dafür ist unser Zeltplatzmanager bester Laune: Heute abend feiert er seinen Geburtstag. Im vollgerümpelten Fenster der Rezeption hängt zusätzlich seine Vistenkarte: Pedro Munoz. Aus Spanien also in den hohen Norden - und warum? Darauf gibt es als Antwort nur einen ganz tiefen Seufzer. Aber wir wissen nun, weshalb die Kommunikation immer eine Mischung aus Englisch und Schwedisch und vielen “si, si!” ist, Nicole steuert jetzt noch ein paar Spanisch-Vokabeln bei.
Im zarten Niesel laufen wir zum Vitlycke-Museum, das sich mit Felsritzungen aus der Bronzezeit befasst. Das Weltkulturerbe ist zum Glück nur einen kleinen Spaziergang entfernt. Der Eintritt in das supermoderne Museum ist kostenlos. Die Angestellten wundern sich, dass wir uns darüber wundern - natürlich sind Museen ohne Eintritt, nur so ist das gerecht und alle Schichten kommen! Ach Skandinavien …
Die Ausstellung führt über die Geschichte einer Familie in die Gedankenwelt der Bronzezeit ein, es gibt kleine Exponate und wir sind froh, dass wir dank unserer “Nordischen Sagen”-CD schon etwas Hintergrund haben. Klar gehen Sonne und Mond nur deshalb auf, weil sie jeweils von einem Pferdewagen über das Firnament gezogen werden. Und wer hat es gemacht? Odin! Zum Mittagessen gönnen wir uns das Buffet im Museumscafe, das ist keine hohe Kochkunst, aber jeder findet etwas: Kilian nimmt Pfannkuchen und Salatstreusel, Louisa Knäckebrot und Salat, Gerald Huhn, Kartoffeln und Pfannkuchen, Nicole Lachs und Salat. Im Freilichtmuseum hämmert Kilian an einer Speerspitze, Louisa erlernt die Flechtkunst aus der Bronzezeit.
Als der Regen nachlässt, besuchen wir die Felszeichnungen im Wald: Viele Schiffe (Handel und Reise in die Unterwelt), Stiere und Pflüge, ein Blauwal, ein Pferde, viele Krieger und ein Liebespaar. An die 6000 Zeichnungen gibt es, sie sind im Wald - natürlich - frei zugänglich.
Auf einem Rundgang kommen wir auch an einem See vorbei, an dem der Mutter Erde geopfert wurde, um die Ecke grasen knuddelige Schafe. Das Museum schließt bald, die Kinder dürfen kostenlos Bogen schießen und endlich scheint die Sonne.
Im Shop sucht sich Kilian als Souvenir ein Trinkhorn von Odin aus, Louisa nimmt bunte Wolle, Nicole holt sich spiralige Ohrringe. Und lernt: Das Symbol auf ihren Ohrringen aus Dublin ist Yggdrasil, die Weltesche, die den gesamten Kosmos zusammenhält.
Kurzer Schreck auf dem Zeltplatz: Direkt neben uns sind große Tische und Bänke aufgebaut. Nein, nicht seine Party, versichert Pedro. Dafür Vorbereitungen für eine große Gruppe aus Frankreich, die in zwei Tagen mit 10 Zelten anreist. Wir raffen uns auf und fahren nochmal ans Meer - und werden dafür reicht belohnt: Statt den überlaufenen Orten Fjällbacka und Grebbestad fahren wir das Örtchen Havstenssund, ein ganz verschlafener Flecken. Knallblauer Himmel, dunkelblaues Meer, rote Häuschen, dazu das nordische Licht. Kurz vor unserer Abreise aus Schweden gibt Skandinavien nochmal alles.
Dann finden wir auch noch ein kleines Restaurant am Hafen mit Blick aufs Meer - und bekommen einen Platz auf der Terrasse. Ein perfekter Abschluss, der besser nicht ginge. Wir blinzeln in die strahlende Sonne, beobachen die Wolken am Himmel, schlemmen leckere Burger und Salat. Wunderbar.
Wieder prasselt der Regen auf das Zeltdach, immerhin können wir im Trockenen abbauen. Der ruhige Zeltplatz ist trubelig geworden und Pedro ist in Hochform. Mit silbernen Feder-Ohrringen und im strammen weißen Hemd wirbelt er zu den Klängen von Julio Iglesis über den Platz. Über Nacht hat sich zu den Riesen-Teddys ein großes Stoffkänguru gesellt: Demnächst kommen Gäste aus dem australischen Adelaide, erklärt Pedro. Zu seinem Team gehört noch eine barock geschnittene Schwedin, die gerne knappe Hosen und ein Bikini-Oberteil trägt, große tätowierte Herzen auf dem Arm ehren Mama und Papa. Und ein Putztrupp, der am Vorabend die Sanitäranlagen auf Hochglanz poliert hat und wohl in einem Wohnwagen auf dem benachbarten Acker wohnt. “Das warme Duschwasser kostet Geld”, empört sich eine große Norddeutsche, gestreiftes Poloshirt in die Hose gesteckt, praktische Frisur. “Also für mich ist das hier nichts.” Möglich. Der Platz samt Personal ist wirklich schräg, aber sauber. Und wir haben Tanum Camping lieb gewonnen.
Dennoch ist es Zeit zu fahren.
Bei einem Stopp unterwegs wollen wir unsere letzten Kronen loswerden. An der Kasse erfahren wir, dass hier nur noch bargeldlos gezahlt werden kann… Mist Zum Glück finden wir vor der Fähre von Helsingborg nach Helsingor noch eine Bäckerei zum Sattessen und Bargeldausgebe. Dänemark empfängt uns bei strahlendem Sonnenschein. Unsere Freunde Ariane und Patrick haben schon das Gästezimmer bereit gemacht. Tochter Mathilda wirbelt schnell zu Louisa und die beiden sind Freundinnen. Die große Tochter Sophia ist zwar auf Tenniscamp. Aber Kilian hat eine Steckdose, Wlan, 4 Hühner und die Hündin Chili zum Zeitvertreib. Nach dem Grillen spazieren wir noch durch den Park von Charlottenlund.
Erst um Mitternacht fallen wir 7 ins Bett.
Wir schlafen (vergleichsweise) im Himmelbett, sitzen an einer gedeckten Frühstückstafel, draußen strahlt die Sonne. Mit der S-Bahn fahren wir in die Innenstadt. Einen ersten Überblick verschafft uns der Rundetaarn, ein runder Turm aus dem 17. Jahrhundert mit einem Observatorium an der Spitze.
Gestärkt von einem Öko-Hotdog bummeln wir zum Touristentrubel im Nyhavn (Neuer Hafen).
Dort gibt es für die Moral der übermüdeten Truppe ein Eis, zwischen Theater und Oper lassen wir uns den Sommerwind um die Nase wehen.
Mit einem Stopp in der Marmorkirche geht es zurück - das Wetter ist zu schön für die Innenstadt!
Den Spätnachmittag verbringen wir in Charlottenlund am Strand.
Und immerhin schaffen wir es diesmal um 23 Uhr ins Bett.
Trampolin-Springen, Chili knuddeln, Packen - um 10.30 Uhr sind wir unterwegs.
Ariane und Familie sind auch kurz vor dem nächsten Urlaub und müssen noch das Haus auf Vordermann bringen. Wir haben knapp 900 Kilometer vor uns.
Erster Stopp und letzter dänischer Hotdog auf der kleinen Insel Faro mit Blick auf die große Brücke.
Mit der Fähre setzen wir nach Fehmarn über, stellen uns in den Stau um Hamburg.
Um 17.30 Uhr rollen wir auf den Hemmehof, nördlich von Hannover. Gerade noch bekommen wir im Milchladen Milch, Kaffee, Kuchen, Milchreis und Pudding und schlemmen im wunderschönen Garten. Dort hatten wir auch 2009 auf dem Weg nach Hamburg Rast gemacht und uns spontan in den Hof verliebt.
Wir bummeln noch zu den Milchkühen samt Kälbchen, wiedereinmal beschließen wir, unbedingt mal in der Lüneburger Heide Urlaub zu machen. Dann geht es weiter, mit einem Stopp bei einem sauberen Burger King - und um 23 Uhr sitzen wir bei Oma Gertrud am nächsten gedeckten Tisch.
Hier wollen wir noch bis Sonntag Franken tanken. Ein gemütlicher Abschluss für einen wunderschönen, aber sicher nicht immer gemütlichen Urlaub.