Morgen geht es los.
14.10 Uhr. Eine Stunde nach dem geplanten Termin fahren wir los - gemessen daran, dass es um 12 Uhr noch so aussah, als ob niemals alles an Gepäck in dieses Auto passen würde also fast pünktlich. Innerhalb von gut 7 Stunden rollen wir nordwärts nach Hamburg Norderstedt, ohne große Staus, ohne Unfälle. Nur bei der Suche nach einem guten Rastplatz scheitern wir komplett. Dafür finden wir den wohl tristesten Flecken auf der gesamten Strecke, genannt Limes Ost. Besprayte Betontische, demolierte Bänke, stinkende Mülleimer … das restliche Picknick schmausen wir lieber während der Fahrt.
Gegen 21.30 Uhr rollen wir auf den Parkplatz unserer Unterkunft für eine Nacht: Das Hotel Nordic, bei Booking gebucht, drei Sternchen. Eine solide Unterkunft, unser Familienzimmer mit zwei Doppelbetten ist geräumig. Allerdings verraten der unterschwellige Geruch nach Fußschweiß und der Schimmel in der Dusche, dass es wohl eher eine Unterkunt für Monteure ist. Eine kurzer Fußweg bringt uns zu Schweinske, einen garantiert nicht-veganenen Biergarten. Vor der Kneipe parken sehr viele Motorräder, in der Kneipe und im Biergarten grooven viele starke Jungs mit knalligen Tattoos zu “Vodoo Swing”, einer Rockabilly-Band, die gerade in der Kneipe spielt.
Burger, Currywurst, Salat, Nudeln sind einwandfrei, die Hintergrundmusik macht Spaß. Gut gesättigt und angemessen müde sind wir gegen 22.30 Uhr wieder im Hotel. Eine komplett übermüdete Louisa macht gleich das große Faß auf - und diskutiert auf Basis der Charta der Kinderrechte darüber, dass sie jetzt über ihren Schlafplatz entscheiden darf. Wer will mit diesem Argument und um diese Uhrzeit widersprechen …
Das Frühstück im Nordic ist reichhaltig und lecker, ein gut sortiertes Buffet. Auf Wunsch der Reiseleitung wird draußen gespeist - ja, da ist es kühler als in Speyer. Aber immernoch deutlich wärmer, als es in Norwegen sein wird… Und der Platz im Freien lohnt sich: Dank einer VogelstimmenApp stellen wir fest, dass um uns auf den Bäumen Zaunkönige und Goldammern um die Wette zwitschern.
Hamburg erscheint uns gerade als gutes Urlaubsziel, es gäbe nach 2012 nochmal so viel zu sehen. Aber wir haben eine Verabredung mit der Superspeed 1 in Hirtshals.
10 Uhr wäre eine gute Zeit zum Starten. Doch da ein Teil des technischen Equipments in Speyer liegen geblieben ist, geht es erstmal in den nächsten Mediamarkt. Dort findet sich auch schnell das entsprechende Teil. Doch ein kurzer Test im Auto zeigt, dass es nicht funktioniert - was das Fachpersonal nicht glauben will, weswegen der Umtausch dauert. Kilian spielt sich an einer Konsole fest, Nicole und Louisa besuchen die Zoohandlung nebenan. Was strategisch extrem ungünstig ist, denn die Kaninchen sind wirklich sehr süß. Trotzdem: um 12 Uhr rollen wir mit umgestauschtem Stick und ohne Schlappohr endlich gen Dänemark.
Die zwei Stunden extra kosten uns den geplanten Abstecher nach Ahus. Dafür finden wir erst einen guten und danach einen wunderbar idyllischen Rastplatz - so grün, so gepflegt.
Dann erreichen wir Aalborg: Das Milling Hotel Gestus mitten in der Innenstadt (an einer Hauptstraße) war auch ein Booking-Schnäppchen, spielt aber bei gleichem Preis in einer ganz anderen Liga. Sehr stylisch, kostenlose (Pulver)kaffeebar, 24 Stunden besetzt, sehr großzügige Räume für eine Nacht.
Nach einem kleinen Päuschen bummeln wir in die Altstadt. Den Dom finden wir auf Anhieb, aber wo ist diese Budolfi-Kirche, in der zur vollen Stunde das Glockenspiel ertönen soll? Wir irren im Kreis, Googlemaps hilft auch nur bedingt - bis Kilian sich das Handy schnappt, die Stirn runzelt … “Mamaaaaa, der Dom ist die Budolfi-Kirche…” Er hatte einfach die Bilder angeklickt, statt wie die Mutter auf Buchstaben zu starren. Die Innenstadt-Straßen sind spannend, da viele kleine Details an den Häusern versteckt sind. In der großen Hauptstraße Richtung Limfjord sind in sämtliche historischen Gebäuden internationale und nationale Fastfodketten - oder Pubs.
Da es Samstagabend ist, gibt es zu besichtigen, was Alkohol mit Menschen machen kann und das ist nicht immer schön - ein Junggesellinnenabschied gerät an einen Junggesellenabschied (alle mit Matrosenhut), durch die Straßen brettern kleine Lastwagen, auf dem Anhänger Betrunkene, die begeistert blankziehen. Hohe Preise für Alkohol sind offensichtlich nicht die Lösung. Danach eine Runde am Hafen zum Spätwerk von Jorn Utzon, der das berühmte Opernhaus in Sydney kreiert hatte.
Eine kleinere Familienkrise gibt es, als die Kinder in einen Burgerschuppen wollen, die Eltern aber auf einer kleinen, feinen, dänischen Einkehr bestehen - Lecker das Essen, frostig die Stimmung.
Als wir zuletzt in der Gegend Urlaub machten, war ein kleines zartes Wesen in Mamas Bauch gerade ein paar Zentimeter groß. Jetzt verkünden 36 Kilogramm Testosteron mit Schuhgröße 43, dass er sich an das Jugendamt wenden wird, er bekommt ja nicht mal etwas richtiges zu essen…. ein Monolog, der eine Weile anhält, die Umrundung des alten Schlosses übersteht und erst im Burger King endet. Dort sollte es als Friedensangebot ein Eis geben. Aber der Laden ist so schmutzig und schmuddelig, dass den Kindern die Kinnlade hinunterklappt und sie schnell fliehen. In einem kleinen feinen dänischen Shop (der wie fast alles um 21 Uhr schließt) gibt es dafür lecker Softeis und der Familienfrieden ist gerettet.
Auch wenn es am Brunnen anders als angekündigt doch keine Wassermusik gibt, der Sonnenuntergang an der Promenade ist dennoch schön. Unser Fazit zu Aalborg: Okay. Aber wir müssen da nicht nochmal hin.
Nachricht von der Fähragentur Color Line. Wegen der verstärkten Grenzkontrollen sollen wir früher da sein. Bitte? 2019? Was genau haben wir verpasst? Nach einem riesigen dänischen Frühstücksbuffet düsen wir los. Abfahrt ist um 12.15 Uhr, wir sind um 10.45 Uhr am Fährhafen.
Eine lange Schlange, darunter wunderschöne Oldtimer. Besonders ein knallblauer Ford Galaxy hat es uns angetan - Louisa steht seufzend daneben. Da strahlt der knorzige Norweger, öffnet ihr die Wagentür und sie darf eine Runde im Traumauto probesitzen. Einmal eine blonde 7-Jährige sein … wir anderen drei stehen daneben und seufzen weiter.
Die Superspeed 1 ist riesig. Aber das bekommen wir zunächst garnicht mit, sondern kuscheln uns in die komfortablen Sitze, die wir für wenige Euro reserviert haben. (Die Reiseleitung wird leicht seekrank und hat genug Lebenszeit auf den Fußböden von Fähren verbracht.) Kilian und Louisa versuchen, die unzähligen Marienkäfer, die sich an Deck verirrt haben, das Leben zu retten.
Wir spielen, lesen, hören Musik - und stellen erst am Ende fest, dass es noch viele Lokale und Shops gibt. Aber da kommt auch schon die erste Schäre - und wir laufen in Kristiansand ein, die Sonne strahlt.
Norwegen gibt sich zum Einstieg richtig Mühe, als ob es den Wetterbericht mit dicken Regentropfen nicht gibt…
Wir steuern den Zeltplatz in Mandal an, etwa 45 Minuten westlich von Kristiansand. Noch immer traumhaft im Wald, am Strand gelegen. Auch wenn eine Industrieanlage jetzt im Sichtfeld des angeblich schönsten Strandes Südnorwegens liegt. Im Shop ist ein Schrank mit einem schwarzen Tuch verdeckt - sonntags wird kein Alkohol verkauft, eine lokale Tradition in Norwegen, erklärt der junge Mann an der Kasse ohne mit der Wimper zu zucken. Dann eben ein Bocksbeutel aus Franken… Kurzfristig hatten wir im Mai darüber nachgedacht, ein Wohnmobil zu mieten, aber für unseren Zeitraum war keines mehr frei. Jetzt wissen wir, wo die deutschen Wohnmobile und VW-Busse sind - sie stehen alle in Reihe und Glied auf einem norwegischen Zeltplatz.
Ein erster Spaziergang am Meer, wir klettern über einige Felsen, bestaunen die kleinen Blümchen. Später finden wir den Weg zum Aussichtspunkt Hobdetoppen - von dort aus hatten wir vor etwa 20 Jahren unsere ersten Schären von oben gesehen. Die Aussicht ist noch immer sagenhaft, auch wenn sich gerade dicke schwarze Wolken in den Blick schieben und der Wind kühl wird.
Auf dem Weg zurück entdecken wir noch Risobank, ein altes weißes Anwesen mit gepflegter Blütenanlage. Gerade sieht es sehr verschlafen aus. Aber da die Saison hier am 1. Juli erst richtig beginnt, werden wir noch einmal zurückkommen. Inzwischen ist es endgültig frisch, wir teilen uns noch zwei asiatische Tütensuppen und sind gespannt auf die erste Nacht im Zelt.
Bei etwa 13 Grad nachts schlafen wir im Zelt deutlich besser als zuletzt bei 28 Grad im Bett in Speyer. Geweckt werden wir von einem zarten Prasseln - Nieselregen… Die Romantik verliert sich etwas, wenn sich man zum Frühstück im Freien ganz dick einpacken muss. Für das warme Duschen darf man im Norwegen übrigens nach Minuten bezahlen, was für morgendliche Lang/Warmduscher wie Nicole eine echte Herausforderung ist. Der Wetterbericht verspricht bis zum Abend Regen. Wir sichten zunächst die Supermärkte vor Ort - zwei sind ums Eck, das Angebot ist reichlich. Seit aber die ersten vier Brötchen auf dem Zeltplatz satte 8 Euro gekostet haben, schauen wir lieber genau aufs Preisschild. Und packen lieber Backwaren ein, statt auf eine günstige Einkehr zu hoffen. Die Foccacias sind fein und die Zimtteile - wow. Oder “voll die Gönnung” (Kilian), in jedem Fall fluffig und superlecker. Low-carb und no-Sugar ist etwas für andere Klimazonen …
Danach fahren wir nach Lindesnes, den südlichsten Punkt Norwegens. Der Regen prasselt auf die Scheiben, alles ist trüb und nebelschwadig. Aber als wir schließlich dort sind und uns ganz viel anziehen, ist es garnicht so schlimm. Der Leuchtturm kostet inzwischen Eintritt, aber der lohnt sich: Inzwischen darf man den Turm besteigen, es gibt Infofilme, ein Leuchtturmmuseum und ein Café - die Rettung, wenn man komplett durchgeblasen wieder in einem Gebäude ist.
Rund um den Turm bläst der Wind so stark, dass man sich richtig hineinlegen kann, ohne umzufallen (wie vor 20 Jahren). Die wunderschöne Küstenlinie ist auch im Niesel ein Traum und wenn man erstmal den Leuchtturm erklommen hat, macht der Sturm richtig Spaß. Leuchttürme samt Gelände wurden früher von ganzen Familien bewoht. Heute ist der Fyr in Lindesnes der letzte, der noch echte Leuchtturmwärter hat. Diese sind neben der Wartung auch für die Sammlung von Klimadaten zuständig und wechseln sich im zwei Woche-Takt ab.
Zurück in Mandal kaufen wir frisches Gemüse ein. Doch als es weiter regnet und wir feststellen, dass das Lokal am Strand seinen ersten Tag geöffnet hat - kehren wir ein. Hot dogs, Pizza und Salat. Nicht ganz ein Schnäppchen, aber es schmeckt und wir sitzen im Warmen und Trocknen. Als gegen 20 Uhr das Lokal schließt (ja, hier erinnert vieles an Australien und Neuseeland), kommt die Sonne zurück. Wir spazieren noch einen Weile am Strand entlang. Da es erst nach 23 Uhr dämmerig wird, gehen wir meist zusammen und ziemlich spät ins Bett.
…und wachen erst um 8.30 Uhr wieder auf!
Der Morgen wird etwas vertrödelt, wir zweifeln, ob wir die Draisinentour in Flekkefjord wirklich wagen sollen. Es wird ein Tauer/Uhrhanscher Klassiker: Um 12 Uhr gehen die Touren stets los, die Fahrzeit von Mandal aus beträgt 1 Stunde - und wir springen um 10.45 Uhr ins Auto. Kurz vor 12 Uhr fahren wir an der Station ein, laut Internet waren noch viele Draisinen frei. Aber eine ganze Busladung mittelalter Männer marschiert schon strammen Schrittes darauf zu…. und der äußert freundliche Mitarbeiter erklärt, dass das Buchungssystem heute nicht funktioniert hat und er ausgebucht ist. Nicole kommt ins Plaudern, erkundigt sich nach alternativen Aktivitäten, geht zurück zur Familie und dannn nochmal zur Ban. Und da ist tatsächlich noch eine letzte Draisine frei! Mit Helmen und Warnwesten starten wir gegen 12.30 Uhr auf der Trasse der ehemaligen Bahnstrecke, die 1990 stillgelegt wurde. Gerald und Nicole strampeln, die Kinder sind Beifahrer.
Eigentlich wäre die Strecke 17 Kilometer lang, aber da wir später gestartet sind und um 14 Uhr umdrehen müssen (die nächste Tour startet um 16 Uhr) kommen wir nicht so weit. Denn das “sanft ansteigend” aus dem Reiseführer ist ein “ständig bergauf”, wir kommen ganz schön ins schwitzen. Dennoch ist die Tour durch stockdunkle Tunnel ein großer Spaß. Nach 8, 5 Kilometern pausieren wir, erfahren erst später, dass das angeblich schönste Stück direkt danach kommt - egal.
Unterwegs haben wir einer deutschen Familie geholfen, die aufgeben und umdrehen musste - Erstens war die Draisine defekt, zweitens hatten die drei viel zu transportieren. Auf dem Rückweg rollen wir gemütlich bergab und sind gegen 15 Uhr zurück.
Im Ort kehren wir ein, Kaffee und Zimtteile für die Eltern, Minipizzen für die Kinder. Superlecker. Coole Location. Aber das junge Personal, von dem es viel gibt, steht ziemlich planlos herum.
Fast wollen wir helfen …Danach bummeln wir durch das holländische Viertel und bewundern die Streetart. Auf dem Heimweg sind wir alle ziemlich müde.
Abends war Nicole mit Kilian und Louisa noch einmal beim Aussichtspunkt, diesmal mit wunderschönem Sonnenuntergang. Nach einer weiteren kühlen Nacht verlängern wir auf dem Zeltplatz, auf unserem Plätzchen im Makrelenweg. Die Prognose für die nächsten Stationen ist kühl und feucht, wir wollen erstmal abwarten. Immerhin strahlt die Sonne. Aber bei 12 Grad bläst ein eisiger Wind. Wir bummeln nach Mandal, der Innenort ist nur eine Viertelstunde Spaziergang entfernt.
Die Kirche (angeblich größte Holzkirche des Landes, sagenhaft bemalt) ist derzeit wegen Sanierung komplett geschlossen und verhüllt. Auf dem Parkplatz stolpert uns ein Vespafahrer mit Helm entgegen und sucht einen Priester … eine seltsame Begegnung. Dafür wirkt Mandal vom Aussichtspunkt aus wie eine Skandinavienwerbung - weiße und rote Holzhäuschen, knallblauer Himmel, dunkelblaues Meer.
Auch wenn sich auf dem Platz im Zentrum viele im Freien tummeln, suchen wir Zuflucht im Café Edgar. Nicht nur wegen der Steckdosen für die Technik. Leider entdecken wir erst danach den Eingang zum “Hr. Redakteur”, der Kultkneipe unterhalb der Redaktion der Lokalzeitung.
Erst will uns die Bedienung ungeduldig die Speisekarten andrehen, doch als sie hört, dass sich hier eine Redakteurin im Redakteur einfach mal umsehen will, strahlt sie und kommt ins plaudern. Am Abend gäbe es auch ein kostenloses Konzert auf dem Platz, eine norwegische Coverband - Nicole jubiliert, drei denken sich “Oh nein…”
Über die neue weiße Brücke im Hafen steuern wir das Kulturzentrum an. Dort gibt es eine Erklärung für das große orangene Ding im Wasser, das wir nur den “Buzzer” nennen: Der Fluß Mandal ist der lachsreichste im Süden Norwegens. Entsprechend ist das Kulturzentrum einem Lachsbauch nachempfunden, im Wasser schwimmt ein Lachs"ei". Solche Zentren sind großartig: Saubere Klos, günstiger Kaffee, Steckdosen, schicke Sitzecken - und in diesem Fall noch eine Gustav Vigeland-Ausstellung im ersten Stock. Bis wir die kleinen Skulpturen des großen norwegischen Bildhauers bewundert haben, ist es schon später Nachmittag.
Komplett vom kalten Wind durchgeblasen kommen wir wieder am Zelt an.
Natürlich lässt der Wind ausgerechnet dann kurz nach, als die Kinder Drachen steigen lassen wollen.
Aber dann kehrt er zurück - nein, kein Freiluftkonzert (drei atmen auf, eine seufzt), kein Picknick, sondern Essen im Zelt. Wir grübeln - halten wir die kalten Nächte weiter durch? Oder sollen wir doch ein airb'n'b in Stavanger buchen? Die Deutschen auf dem Zeltplatz laufen längst mit Parka und Mütze herum, die (Nord)Norweger tragen weiter Sommertracht. Äußerst unentschlossen schlafen wir ein.
Wieder werden wir davon geweckt, dass der Regen auf das Zelt prasselt.
Gegen 11 Uhr fahren wir Richtung Byglandsfjord - dort soll der Regen gegen 14 Uhr nachlassen. Und wir sitzen ziemlich müde im Auto, die kalte Nacht (gemeldet waren 8 Grad) hatte uns wohl doch etwas zugesetzt. Die Landschaft ist so lieblich und vernieselt, dass man gähnen muss. Doch dann, wie eine Fata Morgana am Straßenrand: Das Stasjonen Landhandel bei Haegeland, ein Cafè mit Dekoverkauf. Inzwischen haben wir gelernt: Nicht teuren Cappucchino bestellen, sondern “swart kaffee” - einen Becher schwarzen Kaffee, der natürlich Milch dazu bekommt. Und auf Wunsch mindestens einmal kostenfrei nachgefüllt wird. Dazu norwegische Pfannkuchen mit saurer Sahne und Marmelade plus (für die kleine fleischfressende Pflanze) “Pizzabollen” (Pizzabrötchen) mit Hack. Das Team ist wiedermal jung und supermotiviert, hat den Laden im Griff. Das Ambiente ist geradezu eine Tankstelle für die Seele.
In jeglichem Sinne gestärkt fahren wir weiter zu Neset Camping am Bylgandsfjord. Und fast Punkt 14 Uhr hört es auf zu regnen.
Der Platz liegt in einer Bucht am großen Inlandssee und hat neben Dauercampern auch Kaninchen zu bieten. Louisa nimmt direkt die Fährte auf, vermutlich sind die kleinen noch nie so schnell gehoppelt … in Paula, Tochter der Nachbarn aus Osnabrück, findet sie schnell eine Freundin. Nicole schmökert abends auf einem Stein in der Sonne (!!) endlich ihren dänischen Krimi (Das Inselhaus von Leonora Skov) Der Platz ist ein Traum und morgen gibt es angeblich regenfreie 21 Grad.
Unser kurzer Einkaufs- und Tankausflug nach Evje zeigt mal wieder, wie ähnlich Norwegen doch down under ist: Um 17 Uhr schließen die (meisten) Geschäfte. Punkt. Geöffnet haben sie erst ab 10 oder 11 Uhr. Die Lebesmittelläden haben dafür von 7 bis 23 Uhr geöffnet.
Und wir halten am Fluss und beobachten die Rafting-Gruppen … aber das muss doch noch zwei drei Jahre warten.
Die Nacht war eisig, ständig waren alle vier wach, weil abwechselnd immer einer gefroren hat. Wir decken uns (über den Schlafsäcken) mit allem zu, was wir finden können. Irgendwie geht es, als wir morgens aufwachen, strahlt die Sonne.
Der Tag fühlt sich mit seinen 22 Grad fast wie Sommerurlaub an… die Kinder jagen Fische in der Bucht, Nicole bekommt ihren Krimi fertig. Allein die Heerscharen an kleinen fiesen Stechmücken, die genau in den Moment aufgetaucht sind, als endlich jemand das Gebläse abgeschaltet hat, nerven gewaltig. Erst hinterlassen sie kleine rote Flecken, die aber über Nacht zu juckenden Pusteln werden. Wäsche waschen, Wäsche trocknen, Maschinen nachjustieren - das braucht seine Zeit.
Mittags ziehen wir los zum Mineralsti nach Evje. Dort soll es eine Nickelgrube zum Besichtigen geben, vor dem Mineralienpfad kann man Klopfwerkzeug ausleihen. Sagt die Website der Touristeninfo Norwegens (aber die haben neulich ja auch behauptet, dass eine Insel die Zeit abschaffen will…), sagt der ganz aktuelle Reiseführer von Dumont. Aber die Hütte ist vernagelt, der Weg zur Grube endet an einer Schranke.
Steine können wir trotzdem klopfen und sammeln und der Mineralsti durch den Wald ist ein schöner Spazierweg.
Auf dem Zeltplatz haben sich neben Lousia und Paula jetzt auch Kilian und Finn angefreundet - die beiden werden sich nach dem Nummerntausch auch weiter auf digitalen Battlefields treffen. Gemütlich grillen wir noch Hotdogs und beobachten die brütende Möwe am Fels (zwei braune Eier im Nest) - dann wird es schon wieder zu kalt. Der Sommerhimmel bleibt bis nach 23 Uhr hell, aber alle verkriechen sich nach 21 Uhr nach drinnen und packen sich dick ein.
Der Regen prasselt aufs Zelt. Auf dem Weg zum Sanitärtrakt umrunden wir die tiefen Pfützen auf dem Rasen. Louisa lässt sich nicht beirren: "Mama, sieht das nicht schön aus, wie die Nebelschwaden am Berg entlang ziehen?“ (Ja, das ist wunderschön. Im Herbst, wenn danach eine warme Berghütte wartet.
Aber nicht im Juli). Als wir im Niesel abbauen, quengeln Kilian und Louisa immerhin nicht mehr, dass sie wegen der Kaninchen gerne noch länger bleiben wollen…
Im Setesdal-Mineralpark machen wir noch Station. Leider kann man nicht nur das Mineralmuseum in einer alten Mine (Feldspat) ansehen, sondern muss gleich das Gesamtpaket mit Außengelände bezahlen. Nein, das ist nicht billig. Aber die Ausstellung ist auch ganz ohne Übersetzungshilfen wirklich sehenswert, man möchte sich stundenlang vor den Steinen verweilen.
Und da es ja im Preis dabei ist, tobt sich Nicole mit Kilian und Louisa eine Runde beim Lasertag aus (und wird als erste eliminiert, von einem kleinen norwegischen Jungen) . Erst nach 15 Uhr ziehen wir weiter Richtung Stavanger. Da die Richtgeschwindigkeit 70 Stundenkilometer ist, braucht man für die knapp 150 Kilometer an die Küste eine ganze Weile. Wir hören die nordischen Sagen auf CD und lachen über den selbstgefälligen Odin, draußen ziehen abwechslungsreiche Landschaften vorbei. Wenn Finnland ein kleiner Schwips ist, dann ist Norwegen in Sachen Landschaftsdramatik ein Vollrausch (Schweden und Dänemark dafür stocknüchtern….) - und dann landen wir auf einem Zeltplatz in Stavanger. Natürlich haben die Wohnmobile wieder die besten Plätze, natürlich sind wir selbst für die guten Zeltplätze zu spät dran. Und es stürmt. Nur mit Hilfe von einem norwegischen Senior mit Motorrad und einer jungen Mutter bekommen wir unser Zelt überhaupt zum Stehen. Als wir im Zelt zu Abend essen, gibt es draußen auf einem Trubeln: ein dänisches Zelt wurde umgeweht, die kleinen Töchter sind entsprechend erschrocken. Wir helfen beim Wiederaufbau, halten fest und hämmern Heringe ein. Aber ein paar Böen später geben sie doch auf. Ein kleineres niederländisches Zelt liegt schon die ganze Zeit umgeweht da. Mit etwas Respekt warten wir auf die kommende Nacht.